Hilft ein Abendbrei deinem Baby beim Schlafen? Dieser Tipp schwirrt in Elterngruppen noch immer herum und wird häufig an rat- und schlaflose Eltern verteilt (gern auch ohne, dass nach Tipps gefragt wurde).
Mir ging es genauso. Mit meiner ersten Tochter wollte ich damals 2012 unbedingt Baby Led Weaning machen. Als sie dann mit 7-8 Monate alt war schlief sie nachts furchtbar schlecht (zumindest dachte ich das damals, heute weiß ich es war ganz normal). In meiner Krabbelgruppe bekam ich dann den Tipp ihr doch mal Abendbrei zu geben, statt sie selbst essen zu lassen, dann würde sie sicher besser schlafen. Ich bekam sogar gleich eine angebrochene Packung mit, die eine andere Mama nicht mehr brauchte. Ich fand die Idee eigentlich nicht so super, aber war verzweifelt und wollte wieder durchschlafen können! Also rührte ich diesen Brei an, und fütterte meine Tochter. Sie aß den ganzen Teller leer.
Und weist du was? Sie schlief in dieser Nacht durch! Es war der Wahnsinn. Ich war euphorisch und dachte ich hätte den heiligen Gral des Elternseins gefunden!
Aber obwohl es ab da jeden Abend diesen Brei gab, schlief sie nicht eine Nacht mehr durch. Es war ein purer Zufall gewesen. Aber ab da konnte ich nicht wieder zurück. Ich dachte einfach, ich hab vielleicht was falsch gemacht, und morgen würde es bestimmt wieder klappen.
So wie mir geht es so vielen Eltern. Das Märchen vom schlaffördernden Abendbrei hält sich hartnäckig. Doch was ist dran? Das möchte ich dir in diesem Beitrag einmal zeigen.
Mehr Schlaf durch Abendbrei? Warum wachen Babys nachts auf
Viele Eltern sorgen sich, wenn ihr Kind mit etwa 6 Monaten plötzlich schlechter schläft und häufiger aufwacht als vorher. Sie fragen sich, ob Ihr Kind wohl Hunger hat und deshalb so oft wach wird.
Aber mit 6 Monaten wachen viele Kinder wieder häufiger auf, das ist ganz normal. Meist hat dies entwicklungsbedingte Gründe. Denn zu der Zeit entwickelt sich unter anderem die Fremdenangst, die dafür sorgen kann, dass sich dein Kind schlechter von dir trennen kann. Und Schlaf (das ist vielen nicht bewusst) ist eine Trennungsituation für Kinder! Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die kleinen nachts immer wieder mal Checken, ob sie auch nicht alleine sind.
Nachts werden außerdem die Eindrücke des Tages verarbeitet, sortiert und abgespeichert. Man kann also sagen, wir lernen im Schlaf. Dabei ist das Gehirn teilweise aktiver als tagsüber. Und diese Aktivität braucht Futter in Form von Nährstoffen! Allerdings im Idealfall immer wieder kleine Portionen, die den Blutzuckerspiegel konstant halten und den Verdauungstrakt nicht überlasten statt einer großen Portion vorm Zu Bett gehen.
Kinder suchen also nachts Sicherheit und Geborgenheit, eine Person, die Schutz bietet vor möglicherweise lauernden Gefahren, und dem wachsenden Gehirn die nötigen Nährstoffe liefert, die das Lernen in der Nacht fordert. Das ist normal und sogar sinnvoll. Kinder brauchen uns nachts um (wieder) einschlafen zu können bis sie ca 3 Jahre alt sind. Erst dann sind sie in der Lage selbst verlässlich wieder in den Schlaf zu finden.
Schlafen Babys mit Abendbrei besser oder sogar durch?
Macht ein Abendbrei satter und kann so das Schlafen verlängern? Nein. Brei hat nicht deutlich mehr Kalorien als Muttermilch oder Pre. Muttermilch hat etwa 70Kcal pro 100ml. Bei einer durchschnittlichen Mahlzeit von 250ml sind das 175kcal pro Mahlzeit. Ein typischer Abendbrei hat ca 150 bis 190kcal pro Portion. Liefern Abendbreie also deutlich mehr Kalorien? Nein!
Zusätzlich sind die Inhaltsstoffe (Stärke, Fruktose, Maltodextrin) bei Abendbrei meist schwerer verdaulich. Oder rauschen einfach so durch den kleinen Babydarm durch, ohne viel zu nutzen. Zum Beispiel wenn dein Kind noch nicht bereit dafür ist, weil du vielleicht den Werbeversprechungen und der „Ab dem 4. Monat“ Floskel aufgesessen bist.
Das kann Bauchschmerzen machen, dafür sorgen, dass dein Kind schneller wieder Hunger hat und so sogar für unruhigere Nächte sorgen.
Durch dieses Märchen vom Schlaffördernden Abendbrei kommen auch viele Eltern auf die Idee, dass sie besonders viel vom angeblichen Sattmacher und Durchschlafgarant ins Kind bringen wollen. Da wird dann mit allen Tricks gearbeitet um noch ein Löffelchen mehr ins Kind zu befördern. Doch abgesehen vom Schaden den das für das Kind im Hinblick auf ein gesundes Essverhalten haben kann, sorgt so ein Überfüttern mit Abendbrei auch nicht dafür, dass dein Baby besser schläft.
Denn mit einem zu vollen Bauch ist an Schlaf meist nicht zu denken. Oder wie geht es dir, wenn du so richtig vollgefuttert abends im Bett liegst? Ich kann dann zumindest nicht gut schlafen, weil ich Sodbrennen bekomme, Bauchdrücken habe und einfach nicht zur Ruhe komme. Verdauen ist Arbeit für so einen kleinen Kinderkörper. Und sorgt nicht für besseren Schlaf. Höchstens für ein „Fresskoma“, in dem der Körper sich aber wegen der anstrengenden Verdauung kaum erholen kann.
Besser wird der Schlaf also durch (zuviel) Abendbrei nicht zwangsläufig.
Was kann ich tun, wenn mein Kind nachts häufig wach wird?
Am häufigen Aufwachen lässt sich zum großen Teil nicht viel ändern. Schlafen wird dein Kind also auch mit Abendbrei nicht länger oder besser. Manchmal kann man mit einer Analyse der Situation und des Schlafbedarfs in einer Schlafberatung einige Verbesserungen erzielen. Aber dennoch ist es immer Sinnvoll, zu versuchen in solch anstrengenden Phasen zu versuchen wo immer möglich seine Akkus voll zu halten, auch wenn die Nacht häufiger unterbrochen wird.
Ich möchte dir drei Möglichkeiten dafür nennen:
1. Such dir Unterstützung:
Nicht für alle ist das realisierbar, aber vielleicht hast du das Glück dass Oma und Opa in der Nähe wohnen und dir mal eine Stunde Ruhe verschaffen können, damit du etwas Selbstführsorge betreiben oder Schlafen kannst. Vielleicht kann das auch die Nachbarin tun oder eine Freundin. Scheue dich nicht davor um Hilfe zu bitten, wenn du sie brauchst
2. Nutze den Mittagsschlaf für Dich:
Der Mittagsschlaf ist eine unterschätze Zeit, wenn es darum geht sie für sich selbst oder zum Schlafen zu nutzen. Viel zu oft versuchen wir alles Mögliche in diese kurze Zeit zu packen, und sind hinterher eher müder und geschaffter als vorher, wenn das Kind dann wieder aufwacht. Nutze diese Zeit in anstrengenden Phasen besser aktiv und bewusst für dich. Indem du dich entweder selbst hinlegst und ein wenig schläfst, oder die Zeit nutzt um etwas zu tun, das dir Spaß macht und deine Akkus auflädt.
3. Leg dich abends mit deinem Baby hin:
Ich weiß, dass es ein blödes Gefühl ist, sich abends mit dem Baby hinzulegen. Endlich hätte man mal Zeit etwas ohne Baby zu tun, mit dem Partner etwas Zeit zu verbringen, oder vielleicht den Haushalt auf Vordermann zu bringen. Doch wenn deine Akkus leer sind, dann schaffst du abends meist eh nicht mehr viel Sinnvolles, weil keine Energie dafür da ist, oder? Leg dich einige Abende mit deinem Baby schlafen und hole so etwas Schlaf nach, dann wirst du schnell merken, dass es dir besser geht und du mit dem nächtlichen Aufwachen besser klar kommst.
Wir können also festhalten: Kinder brauchen uns auch nachts. Am Schlafen ändert auch ein Abendbrei nichts.
Wenn du unter den häufigen Unterbrechungen leidest versuche deine Ressourcen auch tagsüber zu schonen, nutze den Mittagsschlaf mit deinem Kind, oder leg dich einige Zeit abends mit ihm hin.