Warum Durchschlafen für Babys nicht sinnvoll ist

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Durchschlafen ist wohl eins der Themen, die Eltern am meisten beschäftigt in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder. Und tatsächlich gibt es kaum ein Thema rund um Babys bei dem so oft die Wahrheit verschwiegen wird, wie bei diesem. Dass ein Baby durchschläft, das scheint immer noch ein Erziehungsziel zu sein. Etwas, das man als ELTERN erreicht, nicht etwas was das KIND schafft. Dabei ist durchschlafen gerade für Babys eigentlich nichts, was erstrebenswert ist, oder den Kindern einen Vorteil brächte.

Doch beginnen wir einmal ganz vorn und definieren, was durchschlafen eigentlich bedeutet.

Was bedeutet eigentlich Durchschlafen?

Beim Durchschlafen unserer Kinder denken wir Eltern gern an eine Nacht, bei der wir unser Baby Abends hinlegen und es erst morgens wieder erwacht und unsere Nähe fordert. Für uns Erwachsene mag dies auch eine sinnvolle Definition des Durchschlafens sein, doch bei Babys hat dies nicht allzu viel mit der Realität zu tun. Im Schnitt (das heißt manche deutlich häufiger und manche weniger oft!) wachen Babys mit drei Monaten etwa 2-3 mal pro Nacht auf, mit 9 Monaten sogar 5 mal, um mit einem Jahr wieder bei etwa 2-3 mal zu landen. Sogar ca. ein Drittel aller Zweieinhalbjährigen meldet sich noch regelmäßig in der Nacht.

Und da ein häufiges Aufwachen für Babys offensichtlich zum Schlaf dazugehört, wird auch das Durchschlafen bei ihnen etwas anders definiert. So spricht man aus medizinischer Sicht bei Babys schon von durchschlafen, wenn sie zwischen zwei Schläfchen von alleine zurück in den Schlaf finden. Und da viele Babys alle 2-4 Stunden wach werden, ist ein Durchschlafen mit einem Schlaf von 4-8h am Stück definiert.

Warum schlafen wir?

Früher dachte man tatsächlich, der Schlaf wäre ein todesähnlicher Zustand, der keinen Nutzen für den Körper hat. Da ist man heute schon um einiges weiter. Wenn ich dich jetzt frage, warum wir Menschen eigentlich schlafen, dann fallen dir vermutlich so einige Dinge ein. Um uns zu erholen zum Beispiel. Um uns zu regenerieren und die Batterien wieder aufzuladen. Der Körper fährt in eine Art Ruhemodus, der Herzschlag und die Atmung verlangsamen sich und die Körpertemperatur sinkt. Reparaturmechanismen im Körper fahren hoch und machen uns wieder fit für den nächsten Tag. Und auch unser Immunsystem fährt auf Hochtouren und wäre ohne bzw. mit zu wenig Schlaf deutlich weniger effektiv.

Doch was denkst du, wie steht es um unserem Geist im Schlaf? Unser Gehirn ist nachts nicht im Ruhemodus. Ganz im Gegenteil. Es ist im Schlaf teils sogar aktiver als im Wachzustand! Denn im Schlaf werden im Gehirn neue Bahnen angelegt. Erinnerungen werden abgespeichert oder gefestigt, Gelerntes im Gedächtnis verankert. Sprich, wir LERNEN im Schlaf. Studien haben herausgefunden, dass Gelerntes besonders gut im Gedächtnis bleibt, wenn man direkt nach dem Lernen schläft. Und das funktioniert (auch unabhängig vom schlafen) umso mehr, je stärker das Gelernte mit Emotionen verknüpft ist (deshalb funktionieren blöde Merksprüche auch so gut, über die man schmunzeln muss z.B.). Und so wird auch klar, warum es so wichtig ist, das sich ein Kind vor dem Einschlafen sicher, geborgen und geliebt fühlt, und nicht allein, hilflos und ängstlich. Denn diese Gefühle so kurz vorm einschlafen, werden stark abgespeichert und direkt mit dem Schlafen verknüpft.

Das Babys so viel Schlafen, und auch so oft, hängt vermutlich (die Forschung steht hier noch ganz am Anfang) damit zusammen, dass sie so viel Neues lernen. Da muss einfach eine ganze Fülle an neuen Informationen und Gelerntem kategorisiert und abgespeichert werden.

Babys schlafen anders als Erwachsene

Babys schlafen nicht so wie wir, das fällt jedem sofort auf, der ein Kind hat. Aber nicht nur, dass sie viel mehr, und häufiger schlafen als wir, auch ihre Schlafstruktur unterscheidet sich von der unseren.

Babys haben mit ca. 50 Minuten viel kürzere Schlafzyklen als wir Erwachsenen. Bei uns dauert ein Zyklus etwa 90-120 Minuten.  Auch wir Erwachsenen wachen zwischen diesen Zyklen oft kurz auf, doch wir merken meist nichts davon und schlafen direkt wieder ein. Nur selten können wir uns daran erinnern nachts aufgewacht zu sein. Denn wenn wir aufwachen, dann checken wir kurz ob alles in Ordnung ist (hören wir ungewohnte Geräusche, nehmen ungewöhnliche Gerüche wahr, oder sehen wir etwas, dass so nicht sein sollte, wären wir sofort hellwach!) und schlafen gleich wieder ein, wenn alles passt.

Bei unseren Babys läuft das ähnlich ab, nur das sie in der Regel  auf Hilfe angewiesen sind, um weiterschlafen zu können. Zu ihrer „Checkliste“ gehört definitiv die Anwesenheit ihrer Bezugsperson. Ist die nicht da, ist Alarmmodus angesagt! Da kann manchmal tatsächlich schon der Abstand zwischen Elternbett und Beistellbett zu groß sein um einfach wieder sicher einzuschlafen, ganz zu schweigen davon, wenn das Bettchen im eigenen Zimmer steht (was im ersten Jahr aufgrund des erhöhten Risikofaktors für den plötzlichen Säuglingstod nicht zu empfehlen ist!). Erst nach und nach lernen sie, die Schlafzyklen zusammenzufassen, und ohne Hilfe wieder einzuschlafen.

Babys verbringen auch viel mehr Zeit im REM Schlaf (das ist das Schlafstadium in dem sich die Augen meist stark bewegen), und durchlaufen diesen auch als erste Schlafphase. Der REM-Schlaf, ist das Schlafstadium in dem wir träumen. Hier ist das Gehirn besonders aktiv und Erinnerungen werden noch einmal „durchgespielt“, eingeordnet und, wenn als wichtig genug eingestuft, dann abgespeichert. Erwachsene gehen in der Regel nach dem Einschlafen recht schnell in den Tiefschlaf (zumindest im ersten Teil der Nacht). Im REM und Leichtschlaf sind Babys (und auch wir Erwachsenen) viel leichter weckbar, und erst im Tiefschlaf sind sie so „weg“, dass man sie zum Beispiel problemlos ablegen kann. 

Aufwachen ist nützlich für Babys!

Warum ist es nun sinnvoll, dass Babys nachts häufiger wach werden? Dies hat verschiedene Vorteile für Babys, die wir uns nun einmal genauer ansehen wollen.

  • Vorteil Nummer 1: Als erstes ist da die Tatsache, dass das Gehirn von Babys und Kleinkindern beim Schlafen wie wir gesehen haben besonders viel Zeit im aktiven REM Schlaf verbringt. Das passiert vermutlich, damit eben die ganzen neuen Eindrücke etc. verarbeitet werden können. Diese hohe Aktivität des Gehirns verbraucht natürlich Energie. Entsprechend häufig muss nachts „nachgetankt“ werden um den Blutzuckerspiegel möglichst konstant zu halten und immer genügend Energie für diese „Arbeit“ zur Verfügung zu haben. Das häufige Aufwachen und trinken sorgt also für eine bessere Hirnentwicklung. Denn so kann das Gehirn ungestört schalten und walten und auf Hochtouren arbeiten!
  • Vorteil Nummer 2: Ein weiterer Vorteil eines häufigen Aufwachens in der Nacht liegt darin, dass so die Milchbildung besonders effektiv in Gang gehalten wird. Denn in der Nacht ist deine Hormonlage anders als tagsüber und ein Entleeren der Brust wirkt besonders anregend. (das ist übrigens auch der Grund warum das Clusterstillen, das heißt ein Dauerstillen über teils mehrere Stunden, meist Abends stattfindet). Eine lange Still-Pause in der Nacht kann sich nachteilig auf die Milchbildung auswirken.
  • Vorteil Nummer 3: Der dritte Vorteil von häufigem Aufwachen bei Babys ist ein geringeres Risiko für den Plötzlichen Kindstod. Ob dies direkt durch das Aufwachen selbst bedingt ist, oder nur ein indirekter Zusammenhang besteht ist aber noch ungeklärt. Bekannt ist aber, dass zum Beispiel nicht gestillte Kinder, und solche die nicht im Elternzimmer schlafen, meist weniger oft aufwachen in der Nacht und gleichzeitig ein deutlich erhöhtes Risiko für den Plötzlichen Kindstod haben. Bei gestillten Kindern ist das Risiko um 50% geringer als bei nicht gestillten Kindern. Im eigenen Zimmer zu schlafen erhöht das Risiko, am plötzliche Kindstod zu sterben um das zwei- bis dreifache. Diese Maßnahmen zu ergreifen, damit das Kind länger am Stück schläft, ist also nicht im Sinne des Kindes.

Heißt das nun, dass du dir Sorgen machen musst, wenn dein Baby durchschläft? Nein! Solange du dies nicht durch „künstliche“ Maßnahmen herbeiführst (Überfüttern am Abend, Flasche am Abend, damit es länger schläft, ins eigene Zimmer „ausquartieren“ weil es dort länger am Stück schläft etc.) ist es völlig in Ordnung, wenn dein Baby gelegentlich mehrere Stunden am Stück schläft, oder auch mal eine ganze Nacht. In der Regel ist dies dann kein Dauerzustand, außer du hast ein Alienbaby 😉

Wie kommen Eltern trotzdem zu ausreichend Schlaf?

Nun, dass das Durchschlafen für dein Baby keinen Vorteil bringt, heißt ja nicht, dass es dir keinen brächte! Wie viele andere Eltern auch, wünschst du dir vermutlich nichts sehnlicher, als endlich mal wieder eine Nacht ohne Unterbrechung schlafen zu können. Zu wenig Schlaf ist für dich genauso unvorteilhaft, wie die ganze Nacht durchzuschlafen für dein Baby wäre. Da muss also eine andere Lösung her. 

Deswegen sind hier einige Tipps, was du gegen deinen Schlafmangel tun kannst, wenn dein Baby Nachts oft wach wird.

  • Tipp 1: Schlafe wenn das Baby schläft! Ja ich weiß, blöder Spruch, und wann sollst du dann den Haushalt machen, Kochen, oder mal Zeit für dich haben?? Doch ich meine damit nicht, dass du immer und jedes mal schlafen musst, wenn dein Baby ein Nickerchen macht. Doch gerade, wenn du sehr übermüdet bist, kann es sehr sinnvoll sein, sich gelegentlich mit dem Baby hinzulegen, und vielleicht auch wichtiger als ein aufgeräumter Haushalt? Meist hilft es schon sich einige Tage lang Abends mit dem Kind (den Kindern) zum Schlafen zu legen, um die Reserven wieder aufzufüllen und gut für durchwachte Nächte gewappnet zu sein. Denn gerade in der erste Nachthälfte schlafen die Babys eher mal etwas länger am Stück, sodass du diese nutzen kannst um ebenfalls etwas Schlaf am Stück zu bekommen.
  • Tipp 2: Hol dir Unterstützung! Das ist definitiv ein Tipp der fast immer hilft. Und doch ist es einer, der uns in unseren Zeiten so schwer fällt umzusetzen, wie kaum ein anderer. Hilfe anzunehmen fällt oft schwer, aktiv um Hilfe zu bitten noch viel mehr! Aber mache dir bewusst, dass wir gar nicht darauf ausgelegt sind, diese Mammutaufgabe der Kindererziehung alleine zu bewältigen! Das sprichwörtliche Dorf, das es braucht um ein Kind zu erziehen kann einen wirklich retten, in so anstrengenden Phasen. Also schaffe dir frühzeitig ein Netzwerk, das dich unterstützen kann, und dir vielleicht tagsüber mal ein bis zwei Stündchen ungestörten Schlaf verschaffen kann.
  • Tipp 3: Optimiere eure Schlafsituation! Wenn du jedes Mal aufstehen musst, wenn dein Baby dich nachts braucht, kann das verflucht anstrengend sein. Viel einfacher ist es da, wenn man sein Kind sehr nah am eigenen Bett hat, oder auch in einem Beistellbett. Je näher dein Kind bei dir schläft, desto eher passt sich auch dein Schlafrhythmus dem deines Kindes an, und du bist selbst im Leichtschlaf, wenn dein Kind aufwacht, anstatt, dass du aus dem Tiefschlaf gerissen wirst. Wenn du stillst, versuche im liegen zu stillen, so kannst du einfach weiter dösen, auch wenn dein Baby viel stillen möchte. Wenn du Schwierigkeiten dabei hast, versuche tagsüber das Stillen im Liegen zu üben.
  • Tipp 4: Sorge für eine gute Schlafumgebung! Stoßlüften vorm Zubettgehen und eine Raumtemperatur von ca. 18°C sorgen für ein gutes und Schlafförderndes Klima im Schlafzimmer. Bei niedrigen Temperaturen im Schlafzimmer ist der Schlaf erholsamer und man fühlt sich tatsächlich mit weniger Schlaf fitter.
  • Tipp 5: Tanke Sonnenlicht und verzichte Abends auf helles Licht! Du bist den ganzen Tag todmüde weil dein Baby dich wachgehalten hat, aber Abends wenn es endlich schläft, kriegst du kein Auge zu? Dann versuche tagsüber viel in die Sonne und an die frische Luft zu gehen. Sonnenlicht löst in unserem Körper Prozesse aus, die uns wach und leistungsfähig machen. Bei Dunkelheit dagegen, wird in unserem Körper Melatonin gebildet, das uns müde macht. Doch wenn wir abends zu viel grellem künstlichen Licht ausgesetzt sind, legt dies diese Prozesse lahm. Gerade Fernseher und Handys senden dabei ein Licht aus, dass die Ausschüttung von Melatonin behindert. So fühlen wir uns tagsüber müde und abends können wir nicht einschlafen.

Du siehst ein Durchschlafen liegt nicht unbedingt in der Natur von Babys und es ist nicht unbedingt sinnvoll dies herbeiführen zu wollen (auch wenn der Wunsch mehr als verständlich und nachvollziehbar ist!) Doch die Zeit die dein Baby so oft aufwacht, ist begrenzt. Der Tag an dem es regelmäßig die ganze Nacht durchschlafen wird, kommt in der Regel von ganz alleine. Das beste was du tun kannst, um dein Kind darin zu unterstützen, diesen Meilenstein zu erreichen, ist ihm immer zu Seite zu sein, und Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. So entwickelt es ein positives Verhältnis zum Schlaf und das Vertrauen, dass es sich auch nachts auf dich verlassen kann. Wenn du dennoch das Gefühl hast, die Situation in der Nacht überfordert dich, oder übersteigt ein normales Maß melde dich gerne und ich suche gemeinsam mit euch nach Lösungsansätzen für euer Problem. Damit auch du bald wieder entspannte Nächte erleben darfst.

Ich hoffe mein Betrag hilft dir und deinem Baby gut durch die Nächte zu kommen!
Schreib mir doch mal in die Kommentare, wie oft wacht dein Baby im Moment nachts durch und wie alt ist es?

Deine Katharina

Disclaimer:

Alle Tipps und Angaben sind nach bestem Wissen und Gewissen verfasst und ohne Gewähr. 

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Hi, ich bin Katharina, zertifizierte Stillberaterin, sowie Fachkraft für Babygeleitete Beikost und Ernährungsberaterin für Babys und Kleinkinder und begleite Eltern seit über 6 Jahren auf einem bedürfnisorientierten Weg mit ihren Kindern.


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