Der Mensch ist ein Tragling und fühlt sich am Körper einer Bezugsperson am wohlsten. Das fällt den meisten Eltern recht bald nach der Geburt auf. Irgendwo hinlegen und nur ab und zu zum Füttern vorbeikommen (wie bei typischen Nesthockern) klappt bei Menschenbabys nicht! Und so gehören Babys in Tragetüchern und Tragehilfen immer mehr zum normalen Bild dazu und sind nichts Außergewöhnliches mehr.
Doch häufig beschränkt sich das Tragen auf die ersten Lebensmonate eines Babys und passiert noch eher selten auch bis ins Kleinkindalter. Dabei hat das Tragen von Kleinkindern für Kinder und ihre Eltern viele Vorteile. Womit man größere Kinder bequem tragen kann und worauf man dabei achten muss, darum geht es in diesem Blogbeitrag.
Worauf sollte man beim Tragen von Kleinkindern achten?
Eine gute Tragehilfe passt sich beim Tragen optimal an den Rücken des Kindes an – egal in welchem Alter. Dieser sollte sich individuell runden können, Polsterungen und Verstärkungen im Rücken des Kindes sollten entsprechend vermieden werden. Des Weiteren sollten die Beine des Kindes in einer angehockten und leicht gespreizten Haltung sein. Dies ist speziell bei kleineren Kindern sehr wichtig für die optimale Hüftentwicklung, aber auch bei größeren Kindern die bequemste Haltung. Damit dies möglichst lange der Fall ist, sollte sich der Steg, das heißt der Stoff der zwischen den Knien liegt, in der Breite verstellen lassen.
Der Markt an guten Tragetüchern und Traghilfen – auch für größere Kinder – ist in den letzten Jahren beständig gewachsen. Mittlerweile lässt sich für jeden Typ das Passende finden. Inzwischen bieten viele Hersteller guter Babytragen diese auch in größeren Größen an. So kannst du deine Lieblingsbabytrage meist auch noch in einer für dein Kleinkind passenden Größe bekommen.
Natürlich kann man ältere Kinder auch sehr gut in einem Tragetuch tragen. Dabei muss man sich hier in der Regel nicht einmal etwas Neues anschaffen, sondern kann das gleiche Tuch nutzen wie für die Babyzeit. Bei der Bindeweise mit der man das Kind trägt sollte man allerdings etwas anderes wählen. Denn ein so großes Kind vor dem Bauch zu tragen kann eine große Belastung für Rücken und Beckenboden sein! Im Idealfall trägt man ältere Kinder auf dem Rücken, aber auch auf der Hüfte geht dies (für kurze Strecken / Dauer) deutlich angenehmer. Mehrlagige Bindeweisen eignen sich bei älteren Kindern besonders gut, da diese mehr stützen. Besonders feste und dicke Tücher (in diversen Facebook Gruppen als „Brocken-Tauglich“ beschrieben) sind allerdings nicht notwendig. So dicke Tücher kann man weniger gut straffen. Sie geben dem Tragenden höchstens ein festeres Gefühl, wenn grundsätzlich nicht genügend gestrafft wird, da sie Bindefehler kaschieren.
Eltern sollten sich vor dem Kauf eines Tragetuchs oder einer Tragehilfe immer kompetent beraten lassen. In Babyfachmärkten findet sich in der Regel nur eine geringe Auswahl. Bedingt durch das ansonsten breitgefächerte Sortiment ist es den Mitarbeitern zudem oftmals nicht möglich, die Handhabung eines jeden Produktes exakt zu kennen. In einer Trageberatung kann gezielt eine passende Tragehilfe gefunden werden. Denn eine passende Tragehilfe zu finden, ist ein wenig, wie ein neues Paar Schuhe zu kaufen. Man muss einige Schritte damit gehen, um zu spüren ob irgendwo etwas drückt. Was einem gut passt ist außerdem sehr individuell. Vor allem das Tragen auf dem Rücken lässt sich in einer Trageberatung sicher erlernen, da man hier alle Handgriffe zunächst mit einer Tragepuppe üben kann.
Vorteile für das Kind
Dass Tragen für Babys viele Vorteile hat, ist den meisten bekannt. Doch auch das Tragen von Kleinkindern hat für sie noch einmal ganz besondere Vorteile!
So kann das Kind von Mamas oder Papas (oder einer anderen Bezugsperson) Rücken aus viel mehr sehen und entdecken – ja die Welt tatsächlich auf Augenhöhe mit den Erwachsenen erleben.
Dabei haben – durch die uneingeschränkte Sicht – Augen und Ohren die Möglichkeit zusammenzuarbeiten. Was man hört, kann man auch sehen. Im Gehirn des Kindes finden deutlich mehr Vernetzungen statt.
Durch den (Körper-) Kontakt zum Tragenden besteht zudem beständig für das Kind die Möglichkeit, sich rückzuversichern und geborgen zu fühlen. Das Kind sieht und spürt seine/n Mama / Papa die ganze Zeit. Das gibt die nötige Sicherheit, um mit anderen in Kontakt treten zu können!
Das Deuten von Mimik und Gestik, und damit einhergehend auch das Erlernen des richtigen Sozialverhaltens, wird durch den Körperkontakt beim Tragen gefördert. Das Kind spürt durch Körperspannung, Atmung und Herzschlag des Tragenden viel deutlicher, wie sich dieser fühlt. Es versteht dadurch leichter, was die dazugehörige Mimik und Gestik bedeutet.
Auch Kinder, die bereits laufen können, möchten spätestens bei längeren Strecken häufig noch getragen werden. Nimmt man statt Buggy eine Trage für solche Situationen mit, animiert man das Kind möglichst lange selbst zu laufen, statt sich der ständig sichtbaren Versuchung hinzugeben, sich schieben zu lassen. Das stärkt Ausdauer und Selbstvertrauen des Kindes. Eine Trage ist außerdem viel leichter in der Handtasche zu verstauen ;-).
In besonderen Situationen kann das Tragen auch bei Kindern, die sonst kaum noch getragen werden, eine große Hilfe sein. Dies kann zum Beispiel die für das Kind oft anstrengende Zeit der Eingewöhnung in der Kita sein, in der das Kind zuhause vermehrt die Nähe der Mutter einfordert.
Oder bei Krankheit und Fieber. Durch die aufrechte Haltung und Bewegung kann zum Beispiel Schleim aus den Bronchien bei Erkältungen deutlich leichter abtransportiert werden, als im Liegen. Bei Fieber kann durch direkten Hautkontakt beim Tragen, durch die kühlere Körpertemperatur des Tragenden, die Temperatur des Kindes leicht gesenkt werden.
Apropos Temperatur: Tipps zum Tragen im Sommer findest du in diesem Blogbeitrag.
Vorteile für die Eltern beim Tragen von Kleinkindern
Ob man nun in Bus und Bahn unterwegs ist, mit dem Nachwuchs einen Zoo Besuch machen möchte oder im Urlaub an den Strand will, ein Kinderwagen oder Buggy ist oft hinderlich. Das Ein- und Aussteigen, Treppen oder weicher Sand sind Hindernisse, die entweder zu Umwegen führen oder einen mehr oder weniger umständlichen Transport erfordern. Sie sind mit Tragehilfe flexibler und kommen bequem überall hin.
Eine Tragehilfe ist bequem in der Tasche zu verstauen und man kann sie bei Bedarf für das Tragen von Kleinkindern nutzt werden. Sie beugt dabei im Vergleich zum auf dem Arm oder auf den Schultern tragen Rückenschmerzen und Verspannungen vor. Eine Tragehilfe nimmt das Gewicht des Kindes angenehmer und breiter über den ganzen Rücken und die Schultern verteilt auf. Also keine Angst vorm Tragen großer Kinder!
Auch und gerade für die Papas kann das Tragen nach dem ersten Geburtstag noch besondere Vorteile haben. In dieser Zeit öffnet sich das Kind stärker für weitere Bindungen neben der Mutter (wenn diese bisher die Hauptbezugsperson war). Durch ein feinfühliges Reagieren auf die Bedürfnisse des Kindes hat der Vater so die Möglichkeit die Bindung weiter zu vertiefen. Beim Tragen wird das Bedürfnis des Kindes nach Nähe erfüllt. Durch den Körperkontakt wird gleichzeitig die Hormonlage bei Kind und Tragendem so verändert (unter anderem durch die Ausschüttung des Liebeshormons Oxytocin), dass sich die Bindung verstärkt.
Das Tragen gibt den Vätern die Möglichkeit dem Kind die Welt zu zeigen und Abenteuer zu erleben, auch wenn die Beine noch schnell müde werden. Es ist gleichzeitig eine gute Möglichkeit, die Mutter zu entlasten.
Geschwister tragen
Wenn ein Geschwisterchen auf die Welt kommt, wollen die „Großen“ oft besonders viel Nähe und Rückversicherung. Da kann das Tragen des großen Kindes, oder auch beider gleichzeitig eine große Hilfe darstellen und Probleme wie Eifersucht vermindern.
Beide Kinder gleichzeitig zu tragen, das so genannte Tandemtragen, ist allerdings eine ziemlich große Belastung. Daher sollte man damit wenn möglich erst nach dem Wochenbett (und das dauert 8 Wochen!) beginnen. In der Regel sollte man dann das große Kind auf dem Rücken tragen und das Baby vor dem Bauch, da so die Gewichtsverteilung vorteilhafter ist.
Beim Tandemtragen kann man sowohl mit zwei Tüchern als auch zwei Tragen oder der Kombination aus einem Tuch und einer Trage arbeiten, je nach eigenen Vorlieben. Wichtig ist, dass man sich sicher genug fühlt, beide Kinder zu tragen, also genügend Erfahrung vorhanden ist. Übe deine gewählten Bindeweisen oder Tragehilfen zunächst einzeln zu binden bzw. anzulegen bis du dich sicher genug fühlst beide Kinder zusammen zu tragen. Übe das zunächst mit einer weiteren Person, die dir helfen kann und nur mit satten und ausgeschlafenen Kindern ;-).
Du siehst, auch das Tragen von Kleinkindern kann viele Vorteile haben und euren Alltag ein Stück weit erleichtern. Wenn dir mein Beitrag weitergeholfen hat, teile ihn mit anderen und lass mir einen Kommentar da!
Deine Katharina
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Alle Tipps und Angaben sind nach bestem Wissen und Gewissen verfasst und ohne Gewähr.